Käse richtig genießen – Tipps von der Käse-Sommelière Schweizer Käse
Schweizer Käse: "Was woanders Trend ist, ist hier Tradition"

Käse richtig genießen – Tipps von der Käse-Sommelière

Wir trafen die Käse-Sommelière Regina Benecke zum Interview und erfuhren, wie man Käse-Sommelière wird und welche Käsesorten sie für einen Abend mit Käseliebhabern empfehlen würde.

Schweizer Käsermeister:innen stellen ihren Käse mit einheimischer Milch, nach jahrhundertealten Rezepturen und traditioneller Handwerkskunst her. Einzigartig ist das Schweizer Reinheitsgebot, das Käse ohne künstliche Zusätze garantiert. Rund 600 Käsereien, mehrheitlich in Familienhand, stellen mit handwerklichem Know-how Naturprodukte von höchster Qualität her. Beliefert werden sie von Milchbetrieben im Umkreis von wenigen Kilometern mit durchschnittlich 27 Kühen. Diese kleinzellige und verantwortungsvolle Herstellung macht Schweizer Käse zu einem Synonym für unvergleichlichen Geschmack und höchste Qualität fernab von industrieller Produktion. Im Interview erklärt die Käse-Sommelière Regina Benecke mehr zum Schweizer Käse.

Frau Benecke, woher kommt Ihre Begeisterung für Käse und was fasziniert Sie besonders daran?

Mich fasziniert, was aus einem Basisprodukt Milch an Käsevielfalt erschaffen werden kann – von mildem Weichkäse bis hin zu kräftigem Hartkäse. In der Schweiz darf ich ab und an in einer der familiengeführten Dorfkäsereien bei der Käseherstellung zusehen. Die Liebe zum Produkt und für das Handwerk springt jedes Mal von Neuem auf mich über.

Wie wird man Käse-Sommelière?

Indem man einen Lehrgang mit Diplomprüfung absolviert, allerdings gibt es nur wenige Ausbildungsstätten in Deutschland. Hier lernen die angehenden Sommeliers nicht nur Käse zu beschreiben oder professionell zu verkosten, sondern auch Wissen über die Herstellung und den Ursprung der weltweiten Käsevielfalt. Es ist viel Landeskunde, Geografie und das Studium von Tierrassen dabei. Diplomiert ist der Teilnehmer nur, wenn am Schluss alle Prüfungen bestanden sind: vom schriftlichen, mündlichen, praktischen bis zum sensorischen Teil. Ich habe die Ausbildung etwas unterschätzt und bin froh, den Lehrgang erfolgreich absolviert zu haben.

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Käse-Sommelière Regina Benecke (re. im Bild)

Wie würden Sie die Aromenvielfalt von Käse beschreiben?

Die Aromenlehre ist eine Wissenschaft für sich. Es gibt sehr viele Aromenfelder: zum Beispiel „frisch, zitronig“ oder „erdig, moosig, ledrig“. In der Ausbildung zur Käse-Sommelière trainiert man diese zu erkennen und zu benennen. Das ist gar nicht so einfach, aber man hat regelmäßig Aha-Effekte und Übung macht bekanntlich den Meister. Interessant ist vor allem an wie vielen Aromen ein Käse mit der Reifung gewinnt. Anfangs sind leichte fruchtige Noten zu erkennen, die sich nach zehn Monaten Reifung in klar erschmeckbare Maracuja-Noten entwickeln. Was ich auch immer wieder spannend finde, ist wie sich das Futter der Milchkuh auf das Aroma des Käses auswirkt. Dabei spreche ich vor allem vom kräuterreichen Futter der Alpweiden.

Wie beeinflussen Traditionen und lokale Gegebenheiten die Käseherstellung in der Schweiz?

In der Schweiz ist die Milch- und Käsewirtschaft kleinzellig und lokal. Sowohl der Rohstoff Milch als auch der Käse werden in klar definierten Ursprungsgebieten hergestellt. Käsesorten wie der Le Gruyère AOP werden nach alten Traditionen hergestellt, die ins Jahr 1115 zurückdatieren. Im AOP Pflichtenheft ist festgeschrieben, wie die Herstellung in jeder einzelnen der 272 Le Gruyère AOP Käsereien erfolgen muss. So darf beispielsweise die Rohmilch nie weiter als 20 Kilometer zur Käserei transportiert werden. Die Pflichtenhefte der AOP Sorten sind für jedermann digital zugänglich.

Warum sind einige Käsesorten streng geschützt und was bedeutet das für ihre Qualität?

AOP steht für Appellation d’Origine Protégée und ist eine Ursprungsbezeichnung. Das heißt konkret, dass ein Walliser Raclette AOP nur im Wallis hergestellt werden kann – von der Milch bis zum fertig gereiften Käselaib. Es bedeutet aber noch viel mehr. Es darf nur 100 % Rohmilch verwendet werden und die Kühe dürfen nicht mit Silage gefüttert werden. Vor allem dürfen keinerlei eigentlich erlaubte Zusatzstoffe verwendet werden. Das gibt uns Genießern die Garantie, dass wir ein traditionell hergestelltes Naturprodukt kaufen.

Inwiefern ist Nachhaltigkeit in der Käseproduktion ein Thema?

In den familiengeführten Käsereien in der Schweiz wird die Milch aus der Nachbarschaft angeliefert. Das bedeutet kurze Transportwege. Aber natürlich benötigt eine Käserei Energie. Es gibt wunderbare Beispiel wie alte Käsereien in moderne umgebaut werden: Das gesamte Warmwasser und ein Großteil der verwendeten Energie speisen sie in der Folge aus eigener Quelle. Tradition und Technologie sind kein Widerspruch.

Welche Trends sehen Sie aktuell in der Käsebranche? Gibt es Innovationen, die Sie besonders spannend finden?

Wir haben seit einiger Zeit einen schönen Leitsatz für Schweizer Käse: „Was bei Euch Trend ist, ist bei uns Tradition“. Regionalität, keine Zusatzstoffe, Handwerk, ehrlicher Geschmack – all das ist in der heutigen Zeit sehr relevant und beim Schweizer Käse Tradition.

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Welche Käsesorten würden Sie für einen Abend mit Käseliebhabern empfehlen, die etwas Besonderes probieren möchten?

Mit einer guten Käseplatte und Geschichten zum Käse gelingt jeder Abend. Es macht so viel Freude, sich mit Käse und einem passenden Getränk als Begleiter zu beschäftigen. Wenn es eine Schweizer Käseplatte sein soll, würde ich auf jeden Fall die Vielfalt der Schweiz zeigen: Angefangen mit einem feinen Weichkäse wie dem Tomme Fleurette über die optisch einzigartigen Käserosetten vom Tête de Moine AOP bis hin zu den Klassikern wie einem länger gereiften Appenzeller® Extra-Würzig und einem Le Gruyère AOP Réserve mit Reifekristallen. Und natürlich darf das Schweizer Original schlechthin nicht fehlen: der Schweizer Emmentaler AOP mit seinen wunderschönen kirschgroßen Löchern.

Worauf sollten Konsument:innen beim Kauf von Käse achten, um gute Qualität zu erkennen?

Wer zu Käse aus der Schweiz greift, bekommt automatisch ein hohes Qualitätsniveau frei von künstlich hergestellten Zusatzstoffen.