Wie viel Alkohol ist gesund? Der eine sagt so, der andere so
Während Alkohol im vergangenen Jahrhundert primär als schädlich für die Gesundheit gesehen wurde, häuften sich gegen Ende die besagten Meldungen über eine eventuell doch positive Wirkung. In verschiedenen Expertenrunden wurden Ende der 1990er Jahre die dem zugrunden liegenden Studien analysiert und man kam zu dem Ergebnis, das ein geringer bis moderater Alkoholkonsum sogar einen günstigen Effekt auf das Herz-Kreislauf-Risiko haben kann.Allerdings, und auch das wurde bereits damals schon bestätigt, gilt das nur bei gesunden Menschen, die auch ansonsten gesund leben. Denn vorhandene Krankheitsrisiken können durch den Alkoholkonsum weiter verstärkt werden. Und: Selbst ein moderater Alkoholkonsum kann relativ schnell zu einer Abhängigkeit führen – mit daraus resultierenden Schäden für Leber, Bauchspeicheldrüse, Magen-Darmtrakt, Stoffwechsel, das Immun- sowie das Herz-Kreislauf-System.
Richtwerte – wie viel darf man trinken
Um den Menschen eine – ich nenne es mal – „Bedienungsanleitung“ zu geben, wurden Richtwerte festgelegt. Diese lagen übrigens Ende der 1990er Jahre in Deutschland noch bei 15 Gramm Alkohol pro Tag für Frauen und 30 Gramm für Männer. Inzwischen wurden diese Werte nach unten korrigiert und liegen bei uns bei maximal 12 bzw. 24 Gramm. Umgerechnet auf Getränke bedeutet das, bei Frauen wären 0,3 Liter Bier oder 0,15 Liter Wein unschädlich, bei Männern das doppelte.Allerdings scheint die Alkoholverträglichkeit der Menschen national unterschiedlich zu sein. 2013 analysierten Wissenschaftler der Universität Sussex die Richtwerte aus insgesamt fast 60 Ländern. Ihr Resultat: Die jeweiligen Empfehlungen sind so stark unterschiedlich, dass nicht einmal ein grundlegendes Muster zu erkennen ist. Geschweige denn kann man eine allgemein gültige Empfehlung abgeben.
Ein Beispiel: Männer in den USA dürfen fast dreimal so viel „gesund“ trinken, wie die dem bekanntlich dem Alkoholkonsum sehr zugetanen Finnen. Und wenn eine Slovenin viermal mehr Alkohol konsumiert, wie in ihrem Land als gesund angesehen wird, liegt sie immer noch deutlich unter den Grenzwerten von Mexiko.
Alkohol - So wenig wie möglich
Verstehen Sie mich nun bitte nicht falsch: Ich möchte Ihnen Ihr gelegentliches Gläschen Wein, Bier oder was auch immer nicht schlecht reden und totale Abstinenz auferlegen. Aber bedenken Sie bitte immer auch die nachgewiesen gesundheitsschädliche Wirkung. Insbesondere bei regelmäßigem – also täglichem – Konsum ist nicht nur die Gefahr einer Abhängigkeit sehr groß, sie schaden damit unabhängig von der Menge auch Ihrer Gesundheit. Gleiches gilt für übermäßigen gelegentlichen Alkoholkonsum. Denn in einem Punkt sind sich die Wissenschaftler in aller Welt einig: Der Konsum von Alkohol birgt immer auch gesundheitliche Risiken.Zur Person:
Prof. Dr. med. Curt Diehm zählt zu den führenden Medizinern im Südwesten Deutschlands, er ist Autor zahlreicher Fach- und Patientenbücher und langjähriger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gefäßmedizin. Seit Mitte 2014 leitet er als Ärztlicher Direktor die renommierte Max Grundig Klinik in Bühl.