Das Interview mit Nobu Matsuhisa
Irasshaimase Nobu San in München! Seit 2015 gibt es Ihr Restaurant Matsuhisa hier nun schon im Mandarin Oriental München. Worauf freuen Sie sich am meisten, wenn Sie hierherkommen?Ich war ja bereits öfter hier in München, hatte aber leider nie die Gelegenheit, die Stadt zu erkunden. Ich arbeite hier mit dem Team des Matsuhisa zusammen und darauf freue ich mich bei jeder Reise immer am meisten. Mit einigen meiner Angestellten arbeite ich seit 1987 in meinen Restaurants zusammen, mit vielen anderen bereits seit über 20 Jahren und auch hier in München ist es beinahe schon wie eine Familie geworden seit der Eröffnung 2015. Sie kennen meine Philosophie und es besteht ein tiefes, gegenseitiges Vertrauen.
Angefangen haben Sie als Sushi-Koch in Ihrer Heimat Japan. Die dortige Ausbildung zum Meister dieser Kunst dauert lange, in Ihrem Fall sieben Jahre. Wie sehr schult das den Charakter abseits sämtlicher technischen Fähigkeiten, die ein Koch benötigt?
Diese Ausbildung ist tatsächlich sehr streng und ist eine Art Lebensschule. Man muss sehr viel Leidenschaft mitbringen, um die Techniken wirklich perfekt und im Sinne seines Meisters, der sein Wissen an folgende Generationen weitergibt, zu erlernen. Genauso gebe ich heute mein Wissen an mein Team weiter. Kein Meister fällt schließlich Himmel und bis man alle Details versteht und beherrscht, dauert es nun mal eine Weile. Ein solch intensiver Prozess stärkt natürlich auch die Persönlichkeit.
Danach zogen Sie in die Welt, 1973 zunächst nach Peru, dann über Argentinien und Alaska nach Los Angeles. Das erfordert einen gewissen Mut als junger Mensch…
Junge Menschen haben große Träume, sie suchen nach neuen Horizonten und auch mir war Japan damals zu klein. Ich wollte andere Länder kennenlernen. Als ich das Angebot aus Peru bekam, zögerte ich keine Sekunde. Dort lernte ich eine andere Welt kennen. Eine andere Kultur, andere Produkte, anderes Klima – davon profitierte ich in vielerlei Hinsicht.
Aufgrund der unterschiedlichen Lebensmittel wurden Sie dort zum Vorreiter der Nikkei-Küche. Sie kombinierten damals Ihre japanische Küche mit peruanischen Produkten. Welche der beiden Küchen dominiert Ihren Stil heute?
Ja, die Umstände gaben das vor. Ich musste mein Wissen aus Japan mit der peruanischen Küche verbinden. Die drei Jahre dort legten sicher den Grundstein, meinen typischen „Nobu-Style“ habe ich tatsächlich aber erst im 1987 eröffneten Matsuhisa in Beverly Hills entwickelt. Die maßgebliche Basis bildet definitiv die japanische Küche, die von peruanischen Einflüssen ergänzt wird. Ich nenne es auch bewusst den Nobu-Style, da ich meine Küche nicht als Fusion empfinde. Ich vermische nicht einfach Zutaten und Rezepte aus der einen und der anderen Kultur, sondern versuche mit japanischen Techniken und peruanischen Einflüssen etwas Eigenständiges und noch nicht Dagewesenes zu kreieren.
Ihr Treffen mit Robert De Niro in Ihrem Restaurant in Beverly Hills hat danach endgültig die Weichen in Ihrer Karriere gestellt. Er lockte Sie auch nach New York, wo Sie 1994 das erste Nobu eröffneten. Wie kam es dazu und wichtig war dieser Schritt in der Rückschau?
Absolut. Er hat mir die Chance gegeben, ein Restaurant in New York zu eröffnen. Das nobu im Stadtteil TriBeCa war damals unser erstes von inzwischen über 65 nobu Restaurants weltweit. Schon bei seinem ersten Besuch im Matsuhisa war er begeistert. Immer, wenn er anschießend in LA war, kam er nach Beverly Hills zum Essen. Irgendwann fragte er, ob ich nicht auch in New York ein Restaurant eröffnen wolle. Das kam mir zu diesem Zeitpunkt aber noch zu früh, ich wollte zunächst klare Strukturen und Abläufe im Restaurant in Beverly Hills schaffen. Aber er gab nicht auf und vier Jahre später fragte er mich wieder. Das Matsuhisa in LA lief gut und Bob (Robert De Niro, Anm. d. Red.) hatte immer noch Interesse. Das überzeugte mich, er meinte es wirklich ernst und wartete auf mich in seiner Heimatstadt.
Black Cod - Signature Dish von Nobu Matsuhisa und eines der Lieblingsgerichte von Robert De Niro im nobu und Matsuhisa
Und Sie wurden Freunde in der Folge. Schon ein Jahr nach der Eröffnung des nobu New York haben Sie mit De Niro im Film „Casino“ gespielt. Wäre eine zweite Karriere in diesem Metier jemals verlockend gewesen?
Das stimmt, ich habe auch in weiteren Filmen wie die „Die Geisha“, „The Girl from Nagasaki“ und auch den Mr. Roboto in „Austin Powers“ gespielt. Das sind alles tolle Erinnerungen, aber Kochen ist mein ganzes Leben und so arbeite ich mit Bob eben bis heute in diesem Bereich zusammen.
Wie gestaltet sich dieses heutige Leben als Unternehmer? Verbringen Sie noch viel Zeit in der Küche und beim Entwickeln neuer Gerichte?
Das ist sehr schwierig geworden. Ich bin zehn Monate im Jahr unterwegs. Aber wie gesagt, auf meinen Stationen in den Restaurants auf der ganzen Welt bin ich immer in der Küche, spreche mit den Köchen, probiere ihre Umsetzung meiner Gerichte und gebe den jungen Köchen Tipps.
Sind die jungen Köche nervös, wenn Sie Ihnen gegenüberstehen?
Ich hoffe nicht, sie müssen es jedenfalls nicht sein. Aber als wir hier heute früh gemeinsam Sushi zubereitet haben sagte einer: Oh, Nobu San ist hier. Jetzt bin ich ein wenig nervös. (lacht) Aber ich übe keinen Druck auf sie aus, auch ich habe als junger Koch schließlich Fehler gemacht.
Fehler machen gehört dazu…
Das ist richtig, gilt aber vor allem für junge Leute. Trotz Fehlern sollten diese nicht den Mut verlieren und aufgeben, Fehler gehören einfach dazu. Auch in meinem Alter. Allerdings sollte man da schon etwas weiter sein und aus früheren Fehlern gelernt und Erfahrung gesammelt haben und deshalb nicht mehr so viele machen. Aber auch ich lerne noch täglich dazu.
Bei so vielen Reisen, wo sind Sie zu Hause?
Los Angeles ist meine Heimat. Wissen Sie, meine Frau lebt dort. (lacht)
Was schätzen Sie am meisten an Ihrem Beruf, was ist das größte Privileg?
Ich liebe es einfach, Koch zu sein. Menschen mit meinen Gerichten zum Lächeln zu bringen. So wie Sie gerade.
Ja, ich bin auch glücklich, hier zu sein und ihre Küche bringt mich zum Lächeln. Sie erwähnten die große Anzahl der nobu Restaurants. Kennen Sie alle persönlich?
Ja, das ist mir sehr wichtig, schließlich geht es hier um meine Philosophie und meinen Qualitätsanspruch. Ich bin wahrscheinlich der einzige, der schon in allen Standorten war.
Nobu Matsuhisa
War es von Anfang ein Ziel, das nobu an verschiedenen Standorten zu etablieren?
Eigentlich nicht. Nachdem das Konzept und die Küche gut ankam und über mehrere Jahre in New York ausgebucht war, hat das natürlich andere Interessenten auf den Plan gerufen. Seither kommen Investoren auf uns zu, mit denen wir – wenn sie uns überzeugen und die Location passt – kooperieren. Wir kalkulieren gewissenhaft und machen keinen Schlussverkauf nach dem Motto, je mehr nobus oder Matsuhisas es gibt, umso besser. Entscheidend ist vor allem auch die Location, schließlich ist ein Besuch in unseren Restaurants aus zwei Gründen nicht ganz günstig. Erstens weil wir größten Wert auf die beste Qualität der Lebensmittel legen und zweitens ein tolles Team benötigen, um diese Qualität auch bestmöglich zu verarbeiten. Unsere Gäste sind auf der Suche nach Qualität und das macht sie glücklich. Das ist unser Ziel, das über allem steht, und so sind wir auch profitabel.
Wie schwer ist es für Sie, in den heutigen Zeiten gutes Personal für Küche und Service zu finden?
Wir haben glücklicherweise eine sehr gute Reputation und das lockt gutes Personal auch an. So haben wir damit zum Glück keine großen Probleme.
Zu Gast im Restaurant Matsuhisa in München
Ein Lieblingsrestaurant unter all Ihren Restaurants auszusuchen, fällt Ihnen sicher nicht leicht. Aber welche haben eine ganz besondere Bedeutung für Sie oder wo trifft man Sie am häufigsten an?
Das ist wirklich schwierig, alle Restaurants sind ja gewissermaßen wie meine Kinder. Aber nachdem ich Los Angeles meine Heimat nenne, wo ich zu Hause auch mal zur Ruhe kommen kann, und dort zudem mein erstes Restaurant eröffnet habe, hat das Matsuhisa dort sicherlich die größte Bedeutung für mich.
Welche Trends oder interessante Fusionen beobachten Sie aktuell in der Gastronomie?
Ich persönlich achte nicht sonderlich auf Trends. Mit Trends ist das so eine Sache, es ist überall das Gleiche, egal ob Mode oder Food – immer wird nach neuen Trends gesucht. Das ist im Prinzip auch gut so, es muss ja vorwärts gehen. Für mich ist aber letztendlich das Einfache doch das Beste. Die einfachen Gerichte, die unsere Eltern für uns gekocht haben, sind immer noch die besten. Damit sind wir aufgewachsen, das prägt uns. Deshalb bevorzuge ich alles, was sich auf die Basis konzentriert.
Doumo arigatou für das Gespräch, Nobu-San!
Weitere Informationen unter: mandarinoriental.com und noburestaurants.com