Dan Barber: Während meiner Kindheit verbrachte ich die Sommermonate mit der Heuernte auf der Blue Hill Farm, der Farm meiner Großmutter in den Berkshires. Das Farmleben hat mich mein ganzes Leben lang begleitet und beeinflusst - es gab mir ein Gefühl von Verantwortung für das Land und ein Verständnis dafür, wie eng Ackerbau und unsere Gewohnheiten zu essen miteinander verbunden sind. Mir wurde sehr schnell klar, dass man eine Zutat nicht betrachten kann, ohne die Natur zu verstehen, aus der sie kommt.
worlds of food: Sie betreiben inzwischen zwei Restaurants. Das „Blue Hill“ direkt in Manhattan, in Greenwich Village und eines in Pocantico Hills auf Ihrer Farm, eine Dreiviertelstunde nördlich von New York City gelegen. Wo trifft man Sie denn häufiger an, in Manhattan oder auf der Farm?
Dan Barber: Sowohl als auch! Mein Tag beginnt früh morgens, wenn ich mich auf den Weg zum Green Market am Union Square mache. Danach fahre ich hoch zur Farm, treffe mich mit den Landwirten, um mich darüber zu informieren, was so ansteht, gehe ihnen zur Hand und fahre danach runter in die Stadt zurück und verbringe den Rest des Tages im Blue Hill in New York.
worlds of food: Greenwich Village ist ja eine besondere Neighborhood in Manhattan, es gibt unzählige Restaurants, der Union Square Green Market ist ums Eck. Wie sehr sind Sie ein Teil dieser Community dort?
Dan Barber: Es ist eine großartige Gemeinschaft. Ich bin froh, meinen Platz dort gefunden zu haben.
worlds of food: Inzwischen kochen Sie für Barack Obama bei Kongressen zum Thema gesunder Ernährung, finden immer mehr Gehör mit ihrem Anliegen, möglichst nachhaltig zu arbeiten. Hätten Sie aber je damit gerechnet, so viel zu erreichen?
Dan Barber: Ich habe noch nicht einmal mit dieser Frage gerechnet, also denke ich, die Antwort lautet “nein”.
worlds of food: Für die Ernährungs-App Feast Kitchen haben Sie das vegetarische Rezept „Die Möhre, die ein Hühnerschnitzel sein wollte“ entwickelt. Was steckt hinter diesem Gericht?
Dan Barber: Mir geht es um gesunde Küche, den bewussten Umgang mit Lebensmitteln und Vielfältigkeit. Vielfältigkeit ist für mich sehr wichtig - Getreide, Hülsenfrüchte, Gemüse und viele verschiedene Fleischstücke, die ich aber häufig nur als würzige Beilage verwende. Natürlich gehört auch mal ein Filetstück als Hauptdarsteller auf den Teller, aber es kann nicht unser täglicher Standard sein. Es ist sehr spannend und auch lecker, wenn man Gemüse im Mittelpunkt stellt.
worlds of food: Auf Ihrer Farm kochen Sie „radikal lokal“, verwenden fast ausschließlich Produkte der Farm. Geht das auch in Ihrem Sterne-Restaurant in Manhattan?
Dan Barber: Im Sommer kommen 90 Prozent der Zutaten auf unseren Speisekarten – sowohl auf der Farm, als auch in Manhattan – von Produzenten aus dem Hudson Valley und Umgebung, eingeschlossen dem „Stone Barns Center for Food and Agriculture“ und der Blue Hill Farm. Das ist die Farm unserer Familie in den Berkshires. Im Winter sind es immerhin noch 50 Prozent.
worlds of food: Sie kaufen also zusätzlich auch auf dem Markt ein?
Dan Barber: Der Union Square Greenmarket bietet mit seinen Ständen eigentlich einen guten Querschnitt der Farmen, mit denen wir ohnehin zusammenarbeiten. Aber der Plan ist, langfristig nicht nur regionale Zutaten zu kaufen, sondern sogar ein Ernährungskonzept zu entwickeln, das die gesamte Hudson Valley Landschaft nachhaltig unterstützt. Die Idee ist aber nicht wirklich neu. Die größten Küchen in der Welt sind ja schon dazu übergegangen, sich ihrer speziellen Umgebung anzupassen.
worlds of food: In New York selbst produzieren immer mehr Restaurants ihr Gemüse selbst, es gibt immer mehr Dachgärten, in denen Obst und Gemüse angebaut wird. Sieht so ein Stück weit unsere landwirtschaftliche Zukunft aus?
Dan Barber: Ich bin begeistert von dem bewusstseinserweiternden Potential dieser Dachgärten. Wir haben auch einen Dachgarten im Blue Hill in Manhattan und die Restaurantgäste sind verrückt danach. Es besteht ein erheblicher Nutzen darin, in Städten gelegene Restaurants und Gemeinschaften in die Lebensmittelerzeugung mit einzubeziehen - auf eine Weise, die mit den Ressourcen, die in der städtischen Umgebung vorhanden sind, funktioniert. Aber mein Schwerpunkt liegt mehr auf der herkömmlichen Landwirtschaft; ich denke, darauf sollten wir unsere Bemühungen für die Zukunft am stärksten konzentrieren. Da wird vor allem unser verantwortungsvoller Umgang mit dem Ackerboden entscheidend sein.