Der Riesen-Striezel
Über dreieinhalb Wochen glühten die Öfen der Dresdner Backstuben. Zahlreiche Bäcker und Konditoren kneteten den leckeren Hefeteig und haben daraus einzelne Stollenplatten gebacken. 66 Mitgliedsbetriebe aus dem gesamten Gebiet des Schutzverbandes Dresdner Stollen e.V. lieferten 477 der zirka acht Kilogramm schweren Platten. Eine große, aber zu meisternde Herausforderung für die Frauen und Männer des Bäcker-Fachvereins, die alljährlich den Zusammenbau des Riesenstollens übernehmen. „Mit der gesammelten Erfahrung durch 19 Riesenstollen, konnten wir diese riesige Menge an Stollenplatten in etwas über vier Stunden zu einem gigantischen Christstollen zusammenbauen“, sagt der Chef des Bäcker-Fachvereins Bernd Richter.Die Stollenplatten wurden mit Zucker und Butter verbunden und mit mathematischen Berechnungen in die vergrößerte Form eines typischen Dresdner Vier-Pfund-Stollens gebracht. Insgesamt wurden etwas mehr als 208 Millionen Sultaninen, 563 Kilogramm Butter, 337 Kilogramm Zucker, 1129 Kilogramm Mehl, 172 Kilogramm Zitronat und Orangeat sowie etwa 120 Liter Jamaika-Rum verarbeitet. Der Jubiläums-Striezel ist 4,34 Meter lang, 1,76 Meter breit und etwa 96 Zentimeter hoch. Jeder Besucher kann am Samstag ein Stück aus dem Riesen-Stollen kaufen und genießen. Der Erlös kommt wie immer einem caritativen Zweck zu Gute.
Historisches zum Christstollen
Der Brauch mit dem Riesenstollen kommt nicht von ungefähr: Der wohl bekannteste sächsische Kurfürst, August der Starke bekannte sich einst als wahrer Stollen-Liebhaber. Von der Dresdner Bäckerzunft ließ er sich anlässlich des Zeithainer Lustlagers (Militärschau Augusts des Starken) 1730 einen – oder besser seinen – Riesenstollen backen. Aber auf Anfang:Erstmals urkundlich erwähnt wird der Dresdner Christstollen 1474 auf einer Rechnung des christlichen Bartolomai-Hospitals. Von weihnachtlichem Höchstgenuss war zu dieser Zeit aber wohl kaum die Rede: Das mittelalterliche Fastengebäck bestand lediglich aus Mehl, Hefe und Wasser. Ganz im Sinne des Verzichts erlaubte die katholische Kirche weder Butter noch Milch.
Da die Sachsen aber schon immer ein Genießervölkchen waren, baten Kurfürst Ernst von Sachsen und sein Bruder Albrecht Papst Innozenz VIII, das Butter-Verbot aufzuheben. Der Heilige Vater gab diesem statt und sandte im Jahr 1491 den „Butterbrief“ in die Regentenstadt. Von da an durften die Stollenbäcker auch gehaltvollere Zutaten verwenden.
Seinen Ruf als königliches Gebäck bekam der Dresdner Stollen ab 1560. Traditionell zum heiligen Fest übergaben die Dresdner Stollenbäcker ihrem Landesherrn ein oder sogar zwei Christstollen. In einem Zeremoniell wurde das 36 Pfund schwere Gebäck von acht Meistern und acht Gesellen durch die Stadt zum Schloss getragen.
Und was macht den Dresdner Stollen nun so besonders?
Butter, Weizenmehl, Hefe, Vollmilch oder Vollmilchpulver, Kristallzucker, Butterschmalz, Zitronat, Orangeat, Sultaninen, süße und bittere Mandeln, Marzipanrohmasse, Zitronenschalenpaste, Speisesalz, Puderzucker, Stollengewürz und Spirituosen.Auch wenn die Grundzutaten für den Dresdner Stollen seit Jahrhunderten festgeschrieben sind, so hat doch jeder der rund 130 Dresdner Bäcker und Konditoren sein Familienrezept: Ein paar Rosinen mehr. Zweimal Buttern nach dem Backen, anstatt einmal. Ein bisschen mehr Rum, dafür etwas weniger Muskat – genau diese Nuancen machen jeden Dresdner Christstollen zu einem Unikat.
Kenner des Dresdner Traditionsgebäckes schmecken diese kleinen, feinen Unterschiede. Die Dresdner zum Beispiel schwören auf „ihren“ einen und einzigen Stollenbäcker, der meist schon ein Teil der eigenen Familientradition geworden ist. Und für so viel Liebe zum Handwerk gibt es natürlich ein Dresdner Qualitätssiegel.
Hier geht es zum Rezept Christstollen