worlds of food: Herr Wohlfahrt, der Kulinarische Jakobsweg in Ischgl feiert sein 10-jähriges Jubiläum. Haben Sie sich Ihr Mitwirken bis zu diesem besonderen Anlass aufgehoben?
Harald Wohlfahrt: Schauen Sie, ich habe jetzt ja einfach mehr Zeit als früher, daher kann ich nun an solch´ schönen Veranstaltungen teilnehmen.
worlds of food: Genießen Sie diese neu gewonnene Zeit?
Harald Wohlfahrt: Man muss ja immer nach vorne schauen und ich sehe das in der Tat sehr positiv. Klar, es hat sich einiges geändert und es ist ehrlich gesagt auch eine kleine Herausforderung für mich, zu lernen, dass das Leben auch noch etwas anderes bietet, als nur von früh bis spät in der Küche zu stehen. Ich kann mir nun aber die Themen und Veranstaltungen aussuchen, von denen ich mich angesprochen fühle und an denen ich teilnehmen möchte. Das ist eine angenehme Situation.
worlds of food: Wie ist es für Sie, hier wieder mit Ihrem ehemaligen Chef Eckart Witzigmann, der der Schirmherr des Kulinarischen Jakobswegs ist, zusammenzutreffen?
Harald Wohlfahrt: Wir haben uns ja nie aus den Augen verloren, uns in all den Jahren immer wieder hier und da getroffen. Er hat auch oft bei mir im Restaurant als Gast vorbeigeschaut und wir pflegen ohnehin ein sehr freundschaftliches Verhältnis.
Früher Chef und Schüler, heute Freunde: Eckart Witzigmann (li.) und Harald Wohlfahrt
worlds of food: Sie beide und Ihr Küchenstil waren und sind doch eher klassisch und von der Nouvelle Cuisine geprägt. Dabei geht vorrangig um gutes Handwerk und die beste Qualität der verwendeten Produkte. Wie stehen Sie neuen Trends gegenüber, wenn Regionalität beispielsweise zum Schlagwort der Vermarktung wird?
Harald Wohlfahrt: Wie heißt es so schön: Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit. Deshalb sind wir auch bei uns im Restaurant immer am Puls der Zeit geblieben. Wir haben unsere Küche sicherlich nicht so revolutioniert, dass wir unsere Gäste befremdet hätten, oder dass sie gesagt hätten: Was für einen Weg geht der Mann in der Küche jetzt? Wir haben aber über all die Jahre eine leichte und zeitgemäße Küche angeboten und sind damit auch gut gefahren.
worlds of food: Und in Hinsicht auf die heute viel zitierte Regionalität?
Harald Wohlfahrt: Ich finde, die meisten eingekauften Produkte sollten selbstverständlich aus einem möglichst engen Radius um die eigene Haustür kommen. Dort können Obst und Gemüse auch am längsten reifen, sich so entwickeln, wie man sie haben möchte und man bekommt die beste Qualität. Es ist auch klar, dass ein Produkt mehr Schaden nimmt, je länger es transportiert wird. Je größer der Einkaufsradius wird, umso weniger sollten die Produkte also in der eigenen Region eine Rolle spielen. Aber ehrlicherweise muss man auch sagen, dass die Welt sehr klein geworden ist heutzutage. Wenn ein Flieger heute in Paris startet, landet er 12 Stunden später in Tokio. Wenn ein LKW vom Schwarzwald nach Paris und zurück fährt, war er genauso lange unterwegs… Die Ware geht heute nun einmal dahin, wo sie gefragt ist und wo am meisten dafür gezahlt wird.
worlds of food: Auf Ihrem Weg haben Sie ähnlich viele namhafte Schüler wie Eckart Witzigmann hervorgebracht – heutige Spitzenköche, die jede Menge Auszeichnungen sammeln und selbst wieder einen neue Generation an Sterneköchen ausbilden. Was bedeutet Ihnen das?
Harald Wohlfahrt: So gesehen ist das eine große Bestätigung für mich, dass ich meist auf die richtigen gesetzt habe und diesen jungen Köchen auch etwas mit auf den Weg geben konnte. Auf diesem Niveau zu kochen ist eine riesige Herausforderung und da ist man auch komplett von seinem Team abhängig. Wir sind alle Menschen, die mal einen schlechten Tag haben können – in einem vielköpfigen Team passiert das einfach. Das muss man alles im Blick haben und darauf reagieren können. Solche kleinen Schwächephasen einzelner aufzufangen, zu kompensieren und das Team sicher zum Ziel zu führen, das war meine eigentliche Aufgabe als Chef.
Derk Hoberg (li.) traf Harald Wohlfahrt im Tiroler Paznaun zum Gespräch
worlds of food: Gibt es so etwas wie eine Quintessenz, was Sie Ihren Schülern mit auf den Weg gaben, ein oder zwei Sätze, auf die man das herunterbrechen könnte?
Harald Wohlfahrt: Mir ging es immer um Disziplin. Ich habe ihnen gesagt, dass nicht in der Zeitung oder im Fernsehen gekocht wird, sondern in der Küche. Der Herd ist euer Instrument, da müsst ihr drauf spielen und eure beste Leistung abrufen. Wenn es da gut läuft, dann kann es auch eine Außenwirkung haben, dann kommt man auch in die Presse. Letzten Endes macht die Kombination aus Talent, Ehrgeiz und Fleiß den Erfolg aus.
worlds of food: Sie stehen nicht mehr in der Traube Tonbach am Herd. Was würden Sie sich nun gerne selbst mit auf den Weg geben?
Harald Wohlfahrt: Ich möchte mir selbst treu bleiben, meinem eigenen Weg folgen, zu meinen Idealen stehen. Das ist mir wichtig.
worlds of food: Wie sieht die Zukunft von Harald Wohlfahrt denn konkret aus?
Harald Wohlfahrt: In den vergangenen Monaten hatte ich unheimlich viele Anfragen und sehr viele Dinge einzuordnen. Jetzt, etwa ein Jahr danach sozusagen, kristallisiert sich so langsam heraus, auf was ich mich zukünftig konzentrieren möchte. Wir werden unter anderem eine Eigenmarke mit meinem Namen aufbauen. Dafür wird eine Produktionsstätte geschaffen werden, an der ich mich an die Entwicklungsarbeit für die Produkte machen kann. Auf diese Aufgabe freue ich mich ganz besonders, das wird sehr vielfältig werden. Das kann von tollen Salatsaucen bis hin zu speziellen Gerichten wie Linsen-Curry oder Barbecue-Lachs gehen, die in den Einzelhandel kommen werden. Dazu koche ich einmal im Monat für die Belegschaft des Fischer-Dübel Werkes in Tumlingen ein Gourmet-Gericht und berate die dortige Betriebskantine regelmäßig und ich bin als kulinarischer Berater auch für das Festspielhaus in Baden Baden tätig. Von der Akustik her eines der besten Festspielhäuser Europas und dort erlebe ich heute tolle Konzerte und Veranstaltungen, für die ich bisher einfach keine Zeit hatte.
worlds of food: Jedem Anfang wohnt also tatsächlich auch ein Zauber inne…
Harald Wohlfahrt: Ich habe mich ja als Mensch nicht verändert, mein Weg hat sich geändert. Wenn ich nun doch einmal zurückblicke, dann bin ich sehr dankbar, dass ich genau an der Stelle einen Schnitt machen konnte. Ich durfte dieses Restaurant auf seinem Höhepunkt an die nächste Generation geben und hätte wohl in dieser Geschichte – nach allem was ich weiß – nicht viel mehr zu erwarten gehabt. Insofern akzeptiere ich das und gräme mich nicht. Das lohnt sich nicht im Ansatz.
Alle weiteren Infos zu Harald Wohlfahrt finden sie auf der Homepage des Spitzenkochs