worlds of food: Herr Müller, wie viel Arbeit dahinter steckt, ein absoluter Spitzenkoch wie Sie zu werden, können wir nur erahnen. Wie viele Opfer muss man bringen, um das zu erreichen?
Dieter Müller: Das ist wirklich reines Herzblut. Man muss sehr viel Freizeit opfern, man muss den Beruf leben. Das war mein Weg, über Jahre. Und ich habe das Glück gehabt, am Boden zu bleiben, um tagtäglich das Beste geben zu können.
worlds of food: Muss man sich eine solche Karriere als Prozess vorstellen, oder hatten Sie von Anfang an das Ziel, drei Sterne zu erkochen?
Dieter Müller: Als 15-Jähriger, als ich im Elsass in die Lehre kam, habe ich natürlich noch nicht an Sterne gedacht. Aber das Kochen hat mir Spaß gemacht und das war wichtig und gut so. Nachdem ich dann die Ausbildung als bester abgeschlossen hatte, motivierte mich das und ich entwickelte dadurch den nötigen Ehrgeiz. Nachdem die Franzosen selbst uns Deutsche ja nicht wollten – die hatten selbst genug gute Nachwuchskräfte – hatte ich das Glück, die französische Küche im Schweizer Hof in Bern richtig kennen zu lernen. Das war meine Geburt als Koch. Während meiner nächsten Station, in den Schweizer Stuben in Wertheim, kam der erste Stern bereits nach einem Jahr. „Mensch“, dachte ich mir, „wenn ich einen habe kann ich auch zwei holen!“ Damals (1974, Anm. d. Red.) waren zwei Michelin-Sterne die Höchstbewertung in Deutschland. Wir erreichten dieses Ziel nach weiteren zwei Jahren. Der dritte Stern kam dann schließlich 1997, inzwischen im Schlosshotel Lerbach, dazu. So entwickelten sich meine Ziele nach und nach, für die ich tagtäglich alles gegeben habe.
worlds of food: Diese Ziele haben Sie erreicht und inzwischen die Stelle im Schlosshotel Lerbach gegen ein Engagement auf der MS Europa eingetauscht. War dies ebenfalls ein Ziel, oder doch eher ein Traum, Weltenbummler zu werden?
Dieter Müller: Das hat sich ganz spontan ergeben. Geplant war, irgendwann in Lerbach aufzuhören, einhergehend mit der Abgabe aller Bewertungen wie Sterne und Punkte. Das hätte mir auch das Herz gebrochen, wenn ich herabgestuft worden wäre. Ich hatte zuvor schon mal als Gastkoch auf der MS Europa gekocht und als ich im Restaurant aufgehört habe, kam von dort aus sofort eine Anfrage. Die Entscheidung fiel dann ganz schnell. Bei meinen Gastspielen dort hatte ich schon ein wenig mit einem Engagement dort geliebäugelt und so ist es auch gekommen. Jetzt bin ich 70 Tage im Jahr an Bord und sehr glücklich damit.
worlds of food: Wo liegen denn die größten Unterschiede zu einem Restaurant an Land?
Dieter Müller: Es ist insgesamt etwas beschwerlicher, an Bord eines Schiffes zu kochen. Das fängt damit an, immer frische Kräuter an Bord zu haben, bis hin zu gutem Fleisch und weiteren frischen Produkten. In Europa ist das kein Problem, aber wenn man in Asien oder der Südsee unterwegs ist, ist das schwieriger. Aber das ist die Kunst eines Koches und zum Glück immer schon eine meiner Stärken gewesen: Aus etwas Einfachem etwas sehr Gutes machen, zu improvisieren.
worlds of food: Die exotischen Orte, an denen Sie nun unterwegs sind, können aber doch auch etwas Gutes haben…
Dieter Müller: Ja, klar. Ich habe schon früher von überall auf der Welt neue Ideen mitgebracht, die mir Auszeichnungen für meine Menüs (u.a. das berühmte Amuse Bouche Menü, Anm. d. Red.) einbrachten. Das genieße ich auch jetzt, wenn ich auf dem Schiff unterwegs bin. Ich komme weltweit auf tolle Märkte und ich bin nach wie vor noch hungrig, wenn ich unterwegs bin.
worlds of food: Und rein technisch gesehen, was unterscheidet die Küchenarbeit auf See von der an Land?
Dieter Müller: Auf der MS Europa zum Glück nicht viel, weil das Schiff stabilisiert ist und der Seegang dem Schiff nicht so viel anhaben kann, wie auf kleineren Schiffen. Natürlich gibt es auch Personen, die bei wenig Wellengang seekrank werden, das ist oft aber auch Kopfsache. Ich hatte Köche, die waren durchgehend blass. Aber ich habe auch schon auf der Seacloud II gekocht, dem schönsten Segelschiff der Welt, da ging es deutlich rauer zur Sache. Auf unserem Weg von Hamburg nach San Sebastian herrschte Seegang 7-11, das war gewaltig. Manchmal musste ich Teller festhalten und der Herd hat dort außen rum extra eine Art Reling, damit die Töpfe nicht herunterfallen. Aber auch da habe ich mich auf die Arbeit konzentriert und Glück gehabt, dass ich nicht seekrank wurde.
worlds of food: Nun sind Sie aktuell beim Kempinski Hotel „Vier Jahreszeiten“ in München als Patron im Gespräch. Was ist an diesen Gerüchten dran?
Dieter Müller: Dazu kann ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nichts Offizielles sagen. Am 1. März werden wir eine Pressekonferenz veranstalten, in der wir die Details dieser Partnerschaft bekannt geben können. Das wird wahrscheinlich auf einer partnerschaftlichen Beratungsbasis laufen und sicher sehr spannend.
worlds of food: Vielen Dank für das nette Gespräch und immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel, Herr Müller.
Dieter Müller ist Präsident des internationalen Kochwettbewerbes „Koch des Jahres“. Hier stellt der Drei-Sternekoch den Wettbewerb vor.
www.kochdesjahres.de
- Derk Hoberg, Nils Borgstedt
Interview mit Dieter Müller – Ich bin noch immer hungrig!
Dieter Müller ist einer der bedeutendsten deutschen Köche. Sogar Paul Bocuse adelte den Drei-Sternekoch, indem er Müller eine Schlüsselrolle bei der Wiederbelebung der deutschen Spitzenküche zusprach. Im worlds of food-Interview spricht Dieter Müller über seine Geburt als Koch, sein neues Leben an Bord der MS-Europa und ein mögliches Engagement im Hotel Vier Jahreszeiten in München.