Gesund und günstig sind zwei Adjektive, die sich beim Lebensmitteleinkauf eigentlich ausschließen. Insofern kann man sich überlegen, ob man sich lieber preiswert oder hochwertig ernähren möchte. Bei dem Projekt „Was kostet gesunde Ernährung?“, bei dem sich netzathleten-Redakteur Christian Riedel einen Monat lang vom normalen Hartz IV-Satz von 128,46€ ernähren will, steht also die Frage im Mittelpunkt, wie sinnvoll Biolebensmittel sind oder ob man sich auch von „normalen“ Produkten gesund ernähren kann.
„Grundsätzlich kann man sagen: Wo Bio drauf steht, ist auch Bio drin“, erklärt dipl. Oecotrophologin Anne Krenzin, die gemeinsam mit ihrer Kollegin dipl. Oecotrophologin Melanie Stoll das Projekt betreut und Christian Riedel in Ernährungsfragen berät. Denn der Begriff „Bio“ auf Lebensmitteln unterliegt klaren Reglementierungen und Verordnungen. „Nur wer seine Produkte nach den in der Verordnung vorgegebenen Kriterien produziert und Kontrollen übersteht, darf seine Lebensmittel auch als „Bio“ oder „Öko“ bezeichnen und mit dem EU-Bio-Siegel kennzeichnen.“
Wann ist Bio auch Bio?
Damit ein Bio-Produkt auch wirklich das Siegel tragen darf, muss es mehrere Voraussetzungen erfüllen: „Ökologisch hergestellte Produkte dürfen grundsätzlich nicht mit chemisch-synthetischen Stoffen behandelt worden sein. Dies gilt sowohl für die Düngung als auch für die Schädlingsbekämpfung“, sagt Anne Krenzin. Allerdings heißt das nicht, dass alle Bio-Produkte frei von Pflanzenschutz- oder Düngemitteln sind. Die Palette der Mittel, die zur Pilz- und Schädlingsbekämpfung eingesetzt werden dürfen, ist allerdings deutlich geringer. Außerdem dürfen nur natürliche Stoffe verwendet werden. Dabei darf man nicht vergessen, dass sich in der Luft, im Boden und im Grundwasser bereits Schadstoffe befinden, die man auch in den Früchten nachweisen kann.
„Produkte aus dem Ökolandbau dürfen nicht gentechnisch verändert werden oder mit gentechnisch veränderten Hilfsmitteln bearbeitet werden“, ergänzt Anne Krenzin. „Auch die Behandlung mit ionisierender Strahlung ist nur in Ausnahmefällen erlaubt.“ In Deutschland kommen diese Strahlen bei der Verarbeitung von Kräutern und Gewürzen zum Einsatz. Ansonsten ist die Verwendung, die Keime abtöten soll, in der Bundesrepublik verboten. Denn die Auswirkungen der Strahlen auf das Erbgut ist noch nicht umfassend erforscht. Zudem werden durch die Bestrahlung möglicherweise Vitamine vernichtet und die Zahl der freien Radikale erhöht. Aufpassen muss man hier auf ausländische Produkte, bei denen der Einsatz der Ionenstrahlung bei der Produktion teilweise erlaubt ist.
Zusatzstoffe in Bio-Produkten
Grundsätzlich ist der Einsatz von Zusatzstoffen in Bio-Lebensmitteln zwar stark eingeschränkt, aber nicht gänzlich verboten. „Wenn ein Lebensmittel ohne den Zusatz eines bestimmten Stoffes nicht hergestellt oder haltbar gemacht werden kann, so ist der Einsatz dieses Zusatzstoffes auch in ökologisch erzeugten Produkten erlaubt“, sagt Krenzin. Grundsätzlich sind Farbstoffe, Süßstoffe, Stabilisatoren und Geschmacksverstärker aber nicht erlaubt.
Bei tierischen Produkten gilt, dass die Tiere nicht mit Antibiotika und Wachstumshormonen behandelt werden dürfen. Eine Ausnahme ist natürlich, wenn ein Tier erkrankt ist. Zur Behandlung dürfen Medikamente und auch Antibiotika eingesetzt werden. Nur eine prophylaktische Verwendung ist verboten.
Ist Bio auch gesund?
Wer Bio-Produkte kauft, möchte sich in erster Linie gesund ernähren. Doch es gibt einige Bio-Produkte, die per se nicht gesund sind und trotzdem das Biosiegel tragen. Außerdem stellt sich die grundsätzliche Frage, ob Bio-Produkte automatisch gesünder sind als die konventionellen Lebensmittel. Unterscheiden sie sich in der Qualität oder nur im Preis?
„Es gibt zahlreiche Studien, die sich schon mit diesem Thema beschäftigt haben. Die Ergebnisse sind uneinheitlich, zum Teil findet man auch widersprüchliche Aussagen“, erklärt Anne Krenzin. „Während die einen sagen, die Bioware ist in Bezug auf die Nährstoffe nicht besser als konventionell angebaute Lebensmittel, sagen andere, der Gehalt an bestimmten Nährstoffen, wie zum Beispiel sekundären Pflanzenstoffen, sei höher.“ Eine klare Aussage ist also nicht möglich.
„Dass die Ergebnisse teils sehr unterschiedlich ausfallen, liegt nicht nur an den unterschiedlichen Studienbedingungen, sondern auch daran, dass zahlreiche Faktoren Einfluss auf die Inhaltsstoffe der einzelnen Produkte haben“ sagt Krenzin. „Nicht nur die jeweilige Sorte spielt eine Rolle, sondern auch das Wetter, der Standort und die Bodenqualität.“ Aufgrund der unterschiedlichen Bedingungen ist es also möglich, dass einige Öko-Lebensmittel einen höheren Gehalt an bestimmten Nährstoffen haben. Es kann aber auch sein, dass sie mehr Schadstoffe beinhalten als „normale“ Lebensmittel. Auch ein höherer Anteil an hochwertigen Inhaltsstoffen in der konventionell angebauten Ware ist durchaus möglich.
Selbstverständlich gibt es auch Bio-Lebensmittel, die keine natürlichen Produkte, sondern industriell hergestellte Lebensmittel sind. So gibt es beispielsweise Bio-Nudeln oder Bio-Kekse. „Die Bezeichnung Bio oder das Bio-Siegel sagen hier nur aus, dass diese Produkte ausschließlich Inhaltsstoffe aus ökologischem Anbau bzw. nur für Bio-Lebensmittel zugelassene Stoffe (z. B. bestimmte Zusatzstoffe) enthalten. Eine Aussage über den Gesundheitswert wird nicht getroffen“, sagt Krenzin. So können diese Produkte ebensoviel Zucker oder Fett enthalten und sind also in keinem Fall gesünder.
Wann Bio besser ist
Wenn also Bio nicht wirklich immer gesünder ist, kann man sich noch die Frage stellen, welche Vorteile Bio-Produkte überhaupt haben. Ein Vorteil ist, dass Bio-Produkte besser für die Umwelt sind. „Für viele Verbraucher, die Bioware kaufen, ist nicht nur wichtig, dass diese Produkte weniger Schadstoffe und mehr Nährstoffe enthalten, sondern auch, dass Bio-Produkte die Umwelt weniger belasten, da sie kürzere Transportwege haben.“ Wer umweltschonend einkaufen will, sollte nicht nur auf das Bio-Siegel achten, sondern auch auf den Produktionsort. Denn auch in Deutschland kann man Bioprodukte aus dem Ausland kaufen, die einen langen Weg zurückgelegt haben.
Ob man nun Bio-Produkte kauft oder nicht, bleibt jedem selber überlassen. „Eines ist jedoch sicher“, sagt Anne Krenzin. „Alle Lebensmittel, die man in Deutschland kaufen kann, sind sicher und qualitativ hochwertig. Eine ausgewogene Ernährung mit allen Lebensmitteln – egal ob bio oder nicht bio – ist grundsätzlich möglich.“